Ja,
alles wird teurer, ich weiß! Natürlich gilt das auch für Pfeifen.
Für gebrauchte und für neue erst recht. Wer in den letzten Monaten
bei Ebay, Quoka und Co. oder in einschlägigen Facebook-Gruppen nach
gebrauchten Rauchwerkzeugen Ausschau hält, kann sich gelegentlich
des Eindrucks nicht erwehren, dass dort Teile des Nibelungenschatzes
veräußert werden oder der Verkäufer zum realen Warenwert gleich
noch Datum und Uhrzeit dazu addiert hat, um auf einen
„supergünstigen“ Verkaufspreis zu kommen.
Oft
ist man dann versucht, betreffende Seiten sofort wieder zu schließen,
nicht aber, ohne dem jeweiligen Verkäufer Realitätsverlust und
einen dringend benötigten Therapietermin zu unterstellen. Ja und
nun? Gut, wer sein Geld quasi im Schlaf verdient, kann es sich
vielleicht leisten, die verlangten Mondpreise zu zahlen, ohne das der
innere Schweinehund auf verminderte Zurechnungsfähigkeit plädiert.
Wer sich aber für seine paar Kröten im Monat krummlegen muss, sieht
es nicht ein, einen Teil dieser Kohlen auch noch sinnlos durch die
Gegend zu werfen wie der heilige Nikolaus die Nüsse.
Prestige
- der erste Begriff, den es zu hinterfragen gilt, will man zu einer
befriedigenden Lösung des Problems kommen. Gut, wer seine Pfeifen
beim Stammtisch immer mit dem Markennamen nach oben ablegt, damit die
eigene „Kennerschaft“ durch Rauchhölzer mit bekanntem Schriftzug
untermauert wird, hat ein Problem. Damit dieses Vorhaben gelingt,
muss es sich dabei um Namen handeln, die die Allgemeinheit der
Pfeifenraucher kennt und, aus welchem Grunde auch immer, als
besonders wertig und somit wertvoll einstuft. Oft steckt hinter
diesen Namen aber gar keine besondere Qualität, sondern schlicht
gutes Marketing. Ein Marketing, dass den Besitzer solcher Pfeifen als
Kenner, womöglich sogar als wohlhabenden Kenner ausweist. Das ist
dem Besitzer wichtig, der Gruppe, in der er sich bewegt, meist auch…
na ja, und schon haben wir den Salat. Weil man selber auch dazu
gehören will, auch von diesem Ruf profitieren will, sucht man nach
diesen Namen auch auf dem Gebrauchtpfeifenmarkt. Da das als
Herdentrieb funktioniert, ergeben sich rasch für die gesuchten
Marken astronomische Preise… und die werden auch noch bezahlt.
Fatal, dass sogar viele Pfeifenraucher wissen, welchem System sie da
aufsitzen, sie aber einfach nicht die Chuzpe haben, sich als
selbstständig denkendes und gegen den Strom schwimmendes Individuum
zu etablieren. Halten Sie in entsprechenden Kreisen eine Dunhill in
die Luft… und sehen Sie , wie schnell das Leuchten in den Augen
abnimmt, wenn sie sie gegen eine Astley's oder Blakemar austauschen.
Kriegen Sie das hin?
Wenn
ja, kommen wir zum zweiten wichtigen Begriff: Fachwissen! Nein, bitte
nicht gleich die Augen zukneifen oder rollen, ich bitte hier auch
Beginner, erst einmal weiter zu lesen. Ich will Sie nicht zum Studium
der Pipologie nötigen. Mir geht es nur darum, aufzuzeigen, wie sehr
man Geld sparen kann, wenn man sich ein wenig interessiert. Wem es
nun gar zu widerwärtig ist, sich ein wenig mit Hintergründen und
unbekannteren Pfeifenmarken zu beschäftigen, wer nicht in Ruhe
Angebote anschauen und für sich eine persönliche Wertigkeit
festlegen will, ist vielleicht bei der falschen Leidenschaft
gelandet… oder ihm ist dieses ganze Thema egal und er kann sich
spätestens an diesem Punkt aus dem Artikel verabschieden und etwas
für sich sinnvolles tun.
Für
die Weiterleser vielleicht ein kleines praktisches Beispiel! Sie
finden bei Ebay das Angebot einer „Courrieu Cogolin“-Pfeife. Gute
Fotos zeigen Ihnen eine wunderbare Sandstrahlung, ein klassisches
Army-Design, mit Hallmarks… einfach schick! Das Problem ist, dass
Sie noch nie von dieser Firma gehört haben. Die Auktion läuft noch
zwei Tage, die Pfeife steht bei 3,50 Euro. Zeit und Anreiz genug, am
Rechner ein neues Fenster zu öffnen und dem allwissenden
Klugscheisser „Google“ diesen Markennamen vor den Latz zu
knallen.
Der
teilt Ihnen mit, dass es sich dabei um die älteste französische
Pfeifenfabrik handelt, immer noch in Familienbesitz und mit einer
Tradition seit 1802! Zu dieser Zeit haben die Macher der „allgemein
angesehenen Marken“ pfeifentechnisch noch auf den Bäumen gelebt.
Schau' mal an. Sie erfahren zusätzlich etwas über die Geschichte
des Unternehmens und über den hohen Qualitätsanspruch, den man dort
immer noch an die eigenen Produkte stellt. Eine kurzweilige halbe
Stunde haben Sie mit dieser Informationssuche verbracht - es kann
Spaß machen, zu lernen. Nun greifen sie zu Ihrem kleinen Notizbuch
(ja, ich bin halt altmodisch) und notieren sich den Namen samt
einiger, für Sie relevanten Infos - für das nächste Mal.
Dann
kehren Sie zum Angebot zurück, sehen die bislang unbekannte Pfeife
mit ganz anderen Augen und beschließen, bei diesem schönen Zustand
einfach mal zwanzig Euro zu riskieren. Zwei Tage später sind sie im
Besitz einer, großartig gefertigten und wunderbar zu rauchenden
Pfeife, mit hohem klassischem Anspruch… für 17 Euro. Denn, außer
Ihnen wussten scheinbar nur zwei Bieter halbwegs, worum es hier geht,
wollten diese Pfeife dann aber auch noch geschenkt haben. Schönes
Schnäppchen, SIE wissen das. Wenn am Stammtisch später jemand mit
dem Namen nichts anfangen kann, ist das doch sein Problem. Sie sind,
nur durch ein wenig Information und sorgfältige Begutachtung, zu
einer tollen Pfeife gekommen. Das zählt letztlich, NUR das zählt,
wenn es darum geht, Freude und Genuss bei der Leidenschaft zu
empfinden… alles andere ist Show für die Galerie. Sie können den
Namen beliebig austauschen, ganz nach persönlichem Geschmack oder
geographischen Vorlieben könnte da auch Gigi, Civic, Danmore oder
Kansas drauf stehen. Informationen gibt es genug, ein Füchschen und
später ein Fuchs zu werden ist gar nicht so schwer - und Spaß macht
es, wie schon gesagt, auch noch.
Um
diesen Zeilen Gewicht zu verleihen, könnten wir jetzt noch über
antizyklisches Kaufverhalten schwadronieren oder die unbedingte
Kennerschaft des Pfeifenmarktes als unverzichtbare Basis für einen
qualitativ hochwertigen Pfeifenbestand festlegen. Doch so kompliziert
ist es gar nicht. Einfach mal die herkömmlichen Suchraster löschen.
Durch die Angebote spazieren wie über einen Flohmarkt… und mit
offenen Augen das betrachten, was einem gefällt und nicht immer nur
das, für das man sich üblicherweise interessiert. Vielleicht auch
zweimal hinschauen und ruhig gelegentlich dem Bauchgefühl vertrauen.
Kann man ruhig machen, da es allgemein nicht gerade um Unsummen geht,
die investiert werden müssen. Wenn dann an besagtem Stammtisch mal
wieder Objekte der „Platzhirschen“ herum gezeigt werden, kann man
still in sich hinein lächeln und die eigenen „unbekannten“
Hölzer vorzeigen. Die oft erstaunten und verblüfft anerkennenden
Gesichter der vermeintlichen Kenner gibt es dann gratis dazu. Ich
kann nur raten es einmal auszuprobieren.
Ihr
Ralligruftie
Autor: Ralf Dings
Wie wahr!eine meiner besten pfeifen ist eine gigi um 10€
AntwortenLöschenZum vergleich: ich habe 25 dunhill pfeifen
Danke Ralf.
AntwortenLöschenDas ist auch nach 40 Jahren Pfeiferauchen's mal ein sehr praktischer und guter Denkanstoss , um mal was neues zu probieren. jetzt wo ich Zeit habe kann ich mich auf so Googlerecherchen gut einlassen. bis heute habe ich nämlich praktisch nur Neupfeifen erworben, oder Ganz selten mal eine gebraucht ersteigert nach gefalle. bin aber fast immer auf besagte "Schnauze" gefallen was den Zustandsbericht "gut erhalten" oder "aufgearbeitet" betraff. sind praktisch alle im Abfall gelandet, den ich hätte mich geschämt die auch noch zu verschicke.
Werde aber mal bei "Einzelstücken" Deine "Infomethode" wieder für mich aufleben lassen.
Gruss Helmut ������
Danke für diese wahren Worte lieber Ralf. Die jetzigen Preise, die meist aufgerufen werden sind unter aller Sau. Ich zB. liebe es zu recherchieren und schaue oft nach Namen die ich nicht kenne.
AntwortenLöschenHallo Ralf.
AntwortenLöschenMal wieder sehr schön geschrieben. Und wahr. Ich setze mir schon seit langem bei Ebay ein niedriges preisliches Limit. Dabei achte ich auch kaum auf die Marke sondern biete nach Bauchgefühl. Hab da schon so manches Schnäppchen gemacht. Unter anderem eine J.S.M. aus den 1960ern mit Hornmundsück, unberaucht, für 6,50 Euro. Hat mich einige Zeit gekostet, bis ich dank Anton Mangers Kenntnisse herausfand, das die Pfeife bei J. Schilz-Müllenbach (J.S.M. eben) wenige Jahre vor der Schließung der Manufaktur hergestellt wurde.
Manchmal hat man sogar das Glück, eine Markenpfeife günstig zu erwerben. Man braucht halt Geduld.
Gruß, Thomas
Moin,
AntwortenLöscheninteressante Überschrift, aber danach leider sehr viel "Küchenphilosophie" und hauptsächlich "gut, aber Hauptsache billig" :-(
Die Pfeifen sind leider (wie manche andere Sammler-/Gebrauchsobjekte auch) Spekulationsobjekte geworden - hauptsächlich aus einem Kulturraum, in dem eben fast ausschließlich der "Markenname" zählt ; und der so riesig ist, daß sie den Markt (preislich - von der Nachfrage her) beherrschen kann.
Nun denkt euch mal in die paar handvoll Pfeifenmacher rein, die meist im Rentenalter sich in den letzten Jahrzehnten einen Top-Ruf erarbeitet haben und eben nun für ihr Alter Mondpreise raushauen (weil sie sie bekommen!) - und dann eben aus einer Eagle eine Doppel-Eagle, Fisch oder 3x Crown neu gradieren und verkaufen.
Natürlich spekulieren auch die Händler mit, und auch manch Unbedarfter, der meint jedes Holz wäre ein Vermögen wert - mit der Zeit entsteht so eben dieser Eindruck und es werden sogar solche Phantasiepreise ab und an gezahlt...
In einem gebe ich Dir aber vollkommen Recht:
Es liegt am Raucher selbst, ob er da mitmacht - oder sich informiert und ausweicht - oder aber statt die 20te Stanwell zu kaufen eben bewusst auf eine z.B. Bang spart und wartet, bis er irgendwo in einem Altfundus eine noch nicht umgepreiste 80er Jahre Bang entdeckt ;-)
Und: eigentlich reichen eine Handvoll Pfeifen und es gibt keinen Grund, sich eine weitere zu kaufen - wo ist dann das Problem ?? ;-)
Beste Grüße
(Bonzenpfeifen-)Manni